Das Zielleistungsprinzip in der GOÄ
Wie Sie das Zielleistungsprinzip rechtssicher anwenden
Das Zielleistungsprinzip ist für viele Chirurgen, die privatärztlich nach der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) abrechnen, ein zentrales Thema. Es betrifft sowohl niedergelassene und belegärztlich tätige Chirurgen als auch Chef- und Klinikärzte, die Wahlleistungspatienten operieren. Private Krankenversicherungen nutzen dieses Prinzip häufig, um Liquidationen zu kürzen. Doch eine fundierte Dokumentation kann helfen, berechtigte Abrechnungen erfolgreich durchzusetzen und rechtliche Auseinandersetzungen zu vermeiden.
Rechtliche Grundlagen des Zielleistungsprinzips
Laut § 4 Abs. 2a GOÄ sind „methodisch notwendige operative Einzelschritte“ nicht gesondert abrechnungsfähig. Einige Versicherer legen dies so aus, dass pro Operation nur eine einzige Gebührenziffer berechnet werden kann. Diese pauschale Interpretation widerspricht jedoch der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH).
Der BGH hat entschieden, dass mehrere Gebührenziffern nebeneinander abrechenbar sind, wenn für jede operative Maßnahme eine eigenständige medizinische Indikation vorliegt. Zudem spielen der systematische Zusammenhang der Gebührenziffern sowie deren Punktwerte eine Rolle bei der rechtlichen Bewertung. Entscheidend ist also, ob die jeweilige Maßnahme eine separate medizinische Notwendigkeit aufweist oder lediglich als methodisch notwendiger Bestandteil der Hauptleistung anzusehen ist.
Bedeutung der OP-Dokumentation
Eine sorgfältige Dokumentation im OP-Bericht ist essenziell, um im Streitfall die eigenständige medizinische Indikation einzelner Schritte nachweisen zu können. Im Prozess wird ein medizinischer Sachverständiger auf Basis der Aktenlage beurteilen, ob eine gesonderte Abrechnung gerechtfertigt ist. Fehlen detaillierte Angaben im OP-Bericht, kann der Gutachter keine positive Einschätzung abgeben – was zu einer Kürzung der Vergütung führt.
Um unnötige Rückfragen oder gar Honorarstreitigkeiten zu vermeiden, sollten Ärzte bereits im OP-Bericht darauf achten, dass alle wesentlichen Aspekte nachvollziehbar und lückenlos erfasst werden. Eine unzureichende oder pauschale Dokumentation kann nicht nur zu Honorarkürzungen führen, sondern auch zu einer erhöhten Angreifbarkeit der Abrechnung durch Versicherer.
Wie sollte dokumentiert werden?
Detaillierte Beschreibung der Indikation: Die intraoperativen Befunde und ihre medizinische Notwendigkeit sollten ausführlich dargestellt werden.
Konkretisierung der OP-Schritte: Welche anatomischen Bereiche wurden behandelt? Welche Maßnahmen wurden durchgeführt? Welche Befunde wurden während der Operation festgestellt?
Individuelle Formulierungen: Standardisierte Textblöcke sind erlaubt, sollten jedoch nicht die gesamte Dokumentation dominieren. Eine rein schematische oder unpersönliche Darstellung kann Zweifel an der Eigenständigkeit einzelner Maßnahmen hervorrufen.
Klare Trennung der Leistungen: Wenn mehrere Maßnahmen durchgeführt wurden, sollte im OP-Bericht deutlich hervorgehoben werden, dass es sich um separate medizinische Schritte handelt. Dies erleichtert im Nachhinein die Argumentation gegenüber Versicherungen.
Beispiel für eine korrekte Dokumentation
Die GOÄ-Ziffer 2113 beschreibt die „Synovektomie in einem Hüftgelenk“ und kann neben der Ziffer 2151 („Endoprothetischer Totalersatz von Hüftpfanne und Hüftkopf“) abgerechnet werden. Voraussetzung ist, dass die eigenständige medizinische Indikation klar dokumentiert ist. Es reicht nicht aus, allgemein eine „entzündliche Veränderung“ zu erwähnen – stattdessen sollte genau beschrieben werden, welche pathologischen Befunde intraoperativ festgestellt wurden und welche Bereiche der Synovia entfernt wurden.
Statt einer vagen Formulierung wie:
„Während der Operation wurde aufgrund einer Entzündung eine Synovektomie durchgeführt.“
sollte die Dokumentation konkretisieren:
„Intraoperativ zeigte sich eine ausgeprägte Synovialitis mit deutlicher Hypertrophie der Gelenkschleimhaut. Es erfolgte eine vollständige Entfernung der hyperplastischen Synovialis in den anteromedialen und anterolateralen Hüftkompartimenten.“
Praxistipps für eine rechtssichere Abrechnung
Pro abgerechneter Gebührenziffer sollten mindestens zwei bis drei Zeilen im OP-Bericht enthalten sein, um die eigenständige medizinische Notwendigkeit darzulegen.
Sowohl die Indikation als auch die durchgeführte Maßnahme müssen explizit beschrieben werden, um eine Nachvollziehbarkeit zu gewährleisten.
Eine klare und nachvollziehbare Dokumentation minimiert das Risiko von Kürzungen durch Versicherer und erhöht die Durchsetzbarkeit vor Gericht.
Die Nutzung von Textbausteinen sollte mit Bedacht erfolgen, um die Individualität der Dokumentation zu wahren.
Bei komplexeren Eingriffen kann eine ergänzende Stellungnahme sinnvoll sein, falls absehbar ist, dass Versicherer die Abrechnung hinterfragen könnten.
Fazit
Eine präzise und ausführliche OP-Dokumentation ist der Schlüssel zu einer erfolgreichen und rechtssicheren Abrechnung nach der GOÄ. Chirurgen sollten darauf achten, dass jede berechnete Leistung durch eine eigenständige medizinische Indikation belegt ist. Ein gut formulierter OP-Bericht schützt nicht nur vor Kürzungen, sondern auch vor möglichen juristischen Auseinandersetzungen.
Durch die Beachtung dieser Grundsätze können Ärzte sicherstellen, dass ihre Leistungen nicht unberechtigt gekürzt werden und ihre Abrechnung einer juristischen Prüfung standhält.
Wenn Sie Fragen haben oder eine Beratung wünschen, nehmen Sie gerne Kontakt mit uns auf.