BGH-Entscheidung zur Abrechnung bei Astigmatismus-Operation mit Femtosekundenlaser – Keine analoge Anwendung der GOÄ-Ziffer 5855 zulässig

In seiner aktuellen Entscheidung vom 24. April 2025 (Az. III ZR 435/23) hat der Bundesgerichtshof (BGH) ein wichtiges Urteil zur privatärztlichen Abrechnung bei refraktiv-chirurgischen Eingriffen gefällt. Im Fokus stand die Frage, ob der Einsatz eines Femtosekundenlasers im Rahmen einer Astigmatismus-Operation als eigenständige Leistung nach der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) zu bewerten ist und ob neben der GOÄ-Ziffer 1345 eine analoge Berechnung der Ziffer 5855 zulässig ist.

Der BGH lehnt dies ab und führt aus, dass die Grundsätze seiner früheren Entscheidung zur Kataraktchirurgie mit Femtosekundenlaser (Urteil vom 14. Oktober 2021, Az. III ZR 350/20) auch auf die Astigmatismusbehandlung übertragbar sind. Maßgeblich ist dabei die Einordnung des Lasereinsatzes nicht als eigenständige ärztliche Leistung, sondern als sogenannte „besondere Ausführung“ im Sinne von § 4 Abs. 2a Satz 1 Alt. 2 GOÄ.

Kein eigenständiges Leistungsbild durch den Femtosekundenlaser

Nach Ansicht des Gerichts stellt der Einsatz des Femtosekundenlasers keine selbständige ärztliche Leistung im Sinne des § 4 Abs. 2 Satz 1 GOÄ dar. Auch eine analoge Berechnung nach § 6 Abs. 2 GOÄ komme nicht in Betracht. Der Femtosekundenlaser wird vom Gericht nicht als neue medizinische Methode eingestuft, sondern als eine technisch verfeinerte Variante eines bereits etablierten Verfahrens.

Im Mittelpunkt der Entscheidung steht GOÄ-Ziffer 1345, die die operative Wiederherstellung oder Änderung der Hornhautform beschreibt – typischerweise zur Behandlung von Brechungsfehlern wie dem Astigmatismus. Diese Ziffer wird als sogenannte Zielleistung definiert, also als abschließend bewertete Maßnahme, bei der das methodische Vorgehen (manuelle Schnittführung oder Lasertechnik) nicht ausschlaggebend ist. Das bedeutet: Der Lasereinsatz ändert nichts am Charakter der Leistung und kann daher keine zusätzliche selbständige Abrechnungsziffer rechtfertigen.

Selbst die höhere Präzision oder Steuerbarkeit des Lasers sei laut BGH kein Kriterium für die Anerkennung als eigenständige ärztliche Leistung.

Keine analoge Anwendung der Ziffer 5855 GOÄ

Die Ziffer 5855 GOÄ, die eine „computergestützte Operationsplanung“ beschreibt, könne im Zusammenhang mit dem Lasereinsatz bei einer Astigmatismuskorrektur nicht analog herangezogen werden, so der BGH. Eine analoge Anwendung setzt voraus, dass es sich bei der zugrunde liegenden Maßnahme um eine selbständige ärztliche Leistung handelt – genau das sei hier jedoch nicht gegeben. Der Lasereinsatz sei lediglich eine Variante der Durchführung der bereits in Ziffer 1345 beschriebenen Operation.

Konsequenzen für die Abrechnungspraxis

Für die ärztliche Abrechnung bedeutet das Urteil: Der Einsatz eines Femtosekundenlasers bei einer Astigmatismus-Operation kann ausschließlich über die Ziffer 1345 GOÄ abgerechnet werden. Ergänzend kann – sofern die Operation ambulant durchgeführt wird – unter bestimmten Voraussetzungen ein Zuschlag gemäß Ziffer 441 GOÄ für den Einsatz eines Lasers erhoben werden.

Wichtig: Diese Zuschlagsziffer kommt nur dann zur Anwendung, wenn es sich um eine ambulante operative Leistung handelt und die weiteren Voraussetzungen der Ziffer 441 erfüllt sind.

Möglichkeit der Honorarvereinbarung bleibt bestehen

Trotz der eingeschränkten Abrechnungsmöglichkeiten nach GOÄ bleibt es Ärztinnen und Ärzten selbstverständlich unbenommen, mit dem Patienten eine abweichende Honorarvereinbarung gemäß § 2 GOÄ zu schließen. Diese muss schriftlich und vor Erbringung der Leistung erfolgen und darf nicht auf Verlangung des Arztes allein beruhen, sondern bedarf der freien Vereinbarung beider Parteien.

Gerade bei hochspezialisierten Verfahren oder beim Einsatz innovativer Technologien kann eine transparente und individuell vereinbarte Honorargestaltung eine sinnvolle Ergänzung zur streng regelgebundenen GOÄ-Abrechnung darstellen.

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